Jeder kann was! Ein Buch über Talente und Vielfalt in der Grundschule I Cindy Seidler Better Teaching Resources
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Jenseits von Schickimicki und Schema F!

Aktualisiert: 21. Dez. 2021


"Du kannst ALLES schaffen, wenn du nur WILLST!"


Dieser Spruch ist vielen gut bekannt. Er ist oft an Kinder gerichtet und meint eigentlich durch die Blume: "Halt die Klappe, setz dich auf den Hosenboden und mach was! Und wenn du dann später nicht reich und hübsch und toll wirst, dann ist das, weil du eben faul bist!"


Den sozialen Status, den man sich vielleicht hart erkämpft hat, möchte man selbst oft ungern aufgeben. Und die Kinder sollten es mindestens so weit bringen. Wenn nicht weiter.


So richtig "anders" oder "besonders" zu sein - das klingt zwar oft nett und inklusiv und tolerant ... aber wer will schon anders sein als die soziale Gruppe (Peer Group), mit der man sich ständig vergleicht? Die Welt, die man kennt, in der fühlt man sich wohl. Diese Werte gibt man gern weiter. Da weiß man, was man hat.


Klingt hart, oder? Aber wer hat denn wirklich den Mut, seine Kinder den ganzen Tag lang malen oder musizieren zu lassen, statt ihnen noch mit Mathe auf den Geist zu gehen? Wer schafft das denn wirklich, sein Kind von der Schule zu nehmen und zu Hause zu unterrichten, wenn man merkt, dass der verträumte Exot lieber im Garten sitzt und Pflanzen untersucht als langweilige Daten und Fakten auswendig zu lernen? Zu erkennen, was ein Kind wirklich WILL, und KANN - und es dann schnurstracks auf diesen selbst gewählten Weg zu bringen (und zu halten)... das ist verdammt schwer.


Ich zum Beispiel wäre bestimmt eine tolle Tänzerin oder Sängerin geworden. In der bewegten Nachwendezeit war es meinen Eltern aber erst mal wichtiger, dass ich einen ordentlichen Schulabschluss mache und dann schnell mein eigenes Geld verdiene. Ja nicht zu lange auf der Tasche liegen, ja keine allzu wilden Träumereien. Ich hab mich später gut durchgewurschtelt, irgendwie. Ich hab es noch geschafft, meine Talente zu entdecken und zu meinem Beruf zu machen. Tänzerin bin ich jedenfalls nicht geworden.



Anders. Alles anders!

Jetzt habe ich hier ein Kinderbuch in der Hand, das so anders ist, dass ich im ersten Moment gar nicht richtig wusste, was ich damit anfangen sollte! Da kamen Menschen vor, die mir im Leben nicht begegnen! Also jedenfalls eher selten. Früher vielleicht mal.


Dazu muss man wissen: ich bin auf einem kleinen Dorf bei Leipzig aufgewachsen. An unserem Gymnasium war das Wort "Tussi" ein Kompliment und "Hippie" war ein anderes Wort für "Loser". Gras wuchs im Park, aber es wurde nicht geraucht. Und wenn sich jemand die Haare grün färbte, wurde über den gelacht.


Als ich dann in Leipzig wohnte, war das in einem schicken Stadtteil namens Schleußig. Die wohlhabenden Familien fuhren dort mit ihren bunten Lastenrädern rum. Sie trugen graue Jack Wolfskin - Jacken. Ab und zu begegnete man im Bioladen noch jemanden, der so lustige Rastalocken hatte. Das war's dann aber schon mit der bunten Vielfalt. Viel mehr gab es nicht. Und ich war immer noch keine Tänzerin geworden.


So anders, dass man nur staunen kann!


In diesem Buch begegnen einem Menschen, die es geschafft haben, sich ganz und gar dem zu widmen, was sie gut können und gerne machen. Vero backt vegan Kuchen, Rali setzt sich mit seinem Rabatz - Verein für die Nachbarschaft ein, Wing-Yan vom Wimmelblumen - Quartier begeistert sich für Kornblumen und Klatschmohn und Zou vom Tattoo - Studio malt den Leuten gern Wale auf den Oberarm.

Auf keiner Seite des Buches wird beschrieben, wie die Leute da Geld verdienen und wie sie über die Runden kommen. Ob sie von dem leben können, was sie da tun. Darum geht es hier nämlich gar nicht! Hier werden Menschen so gezeigt, wie sie verschiedener nicht sein könnten.

Ihr Können ist mal erstaunlich, mal beeindruckend. Mal ist es verwunderlich und manchmal eigentlich gar nix besonderes. Aber es ist bunt und kreativ, vielfältig und definitiv jenseits von Karrieredenken, Musterschema und Schickimicki.


Selbst Bo aus der Baumhaussiedlung hat andere Sorgen als Geld! Er kümmert sich um verletzte Eichhörnchen und baut bunte Kletterbrücken für noch mehr Baumhäuser.


Ich kann es nur noch einmal sagen: dieses Buch ist ganz und gar erstaunlich. Es beschreibt eine bunte Community, die sich untereinander hilft und füreinander da ist. Eine Nachbarschaft, die irgendwie so ganz anders ist als alles, was ich kenne. Und die trotzdem einen Charme hat, dem ich mich nicht entziehen kann!


Dieses Buch öffnet das Spießer - Herz für alle, die lieber stundenlang musizieren anstatt zu büffeln. Für die, die lieber Blümchen betrachten als shoppen zu gehen. Es ist eine Alternative zum Schicki - Micki - Kitsch, der aus Amerika zu uns rüber schwappt. Nicht jeder soll, muss oder will in einem schnöden Reihenhaus leben. Man muss keinen begehbaren Kleiderschrank haben, keinen Thermomix und erst recht keinen Rasenroboter. Es gibt so viel mehr buntes Leben da draußen! Und das ist gut so.


Ich bin gespannt auf deine Kommentare!


Allerliebste Grüße,


Deine Cindy



Mein Tipp: Zum Thema Vielfalt und Toleranz ist dieses Buch einfach genial im Sachunterricht zu verwenden!

 

Die wichtigsten Infos im Überblick

Titel: Jeder kann was!

Autorinnen: Maggie Hagemann & Navin Wienkämper

Verlag: Verlag von Wegen

ISBN: 978-3-00-066540-0

Umfang: ungefähr 37 Seiten (das ist echt das erste Buch OHNE Seitenzahlen, das mir je untergekommen ist - einfach anders eben!)



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